Die Kassation definiert die Berufung des Staatsanwalts neu: Urteil Nr. 174493 von 2025 und die neuen Regeln für strafrechtliche Anfechtungen

Die italienische Strafprozessordnung entwickelt sich ständig weiter, und die Entscheidungen des Obersten Kassationsgerichtshofs sind grundlegende Meilensteine für das Verständnis der Anwendung von Normen. Kürzlich lieferte das Urteil Nr. 174493, hinterlegt am 8. Mai 2025 (Anhörung vom 16. April 2025), eine entscheidende Auslegung der Anfechtungsbefugnisse der Staatsanwaltschaft, insbesondere im Anschluss an die durch das Gesetz Nr. 114 von 2024 eingeführten Änderungen. Diese Entscheidung ist keine einfache Klarstellung, sondern ein echter Wendepunkt, der die prozessualen Gleichgewichte neu definiert und eine sorgfältige Analyse verdient.

Die Reform der Strafprozessordnung und Art. 593 Abs. 2

Das Herzstück der Angelegenheit liegt in der Neufassung von Artikel 593 Absatz 2 der Strafprozessordnung durch Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe p) des Gesetzes vom 9. August 2024, Nr. 114. Diese Gesetzesänderung, die am 25. August 2024 in Kraft trat, hatte direkte und erhebliche Auswirkungen auf die Anfechtungsmöglichkeiten der Staatsanwaltschaft. Zuvor unterlagen die Berufungsbefugnisse des Staatsanwalts gegen Freisprüche strengeren Beschränkungen, die oft auf spezifische Mängel und nicht auf alle in Art. 606 StPO vorgesehenen Kassationsgründe beschränkt waren.

Das Gesetz Nr. 114/2024 beabsichtigte, diese Möglichkeit zu erweitern, vielleicht als Reaktion auf die Notwendigkeit einer größeren Wirksamkeit der Strafverfolgung oder zur Wiederherstellung des Gleichgewichts im Vergleich zu anderen Reformen. Der legislative Eingriff eröffnete die Tür zu einer grundlegenden Auslegungsfrage: Inwieweit kann die Staatsanwaltschaft nun die Kassation gegen Freisprüche anrufen?

Das Urteil Nr. 174493 von 2025: Ein neuer Horizont

Der Oberste Kassationsgerichtshof hat mit dem Urteil Nr. 174493 von 2025 alle Auslegungszweifel ausgeräumt und die Reichweite der neuen Bestimmungen klar dargelegt. Die Leitsätze des Urteils, die wir vollständig wiedergeben, sind bezeichnend:

In Bezug auf Anfechtungen kann die Staatsanwaltschaft nach der Neufassung von Art. 593 Abs. 2 StPO durch Art. 2 Abs. 1 Buchst. p) des Gesetzes vom 9. August 2024, Nr. 114, Kassation gegen Freisprüche wegen der in Art. 550 Abs. 1 und 2 StPO aufgeführten Straftaten einlegen, die nach dem 25. August 2024, dem Datum des Inkrafttretens des genannten Gesetzes, ergangen sind, und dabei alle in Art. 606 StPO vorgesehenen Gründe geltend machen.

Diese Entscheidung, unter dem Vorsitz von A. P. und mit I. P. als Berichterstatter, ist aufwühlend. Zusammenfassend hat der Oberste Gerichtshof entschieden, dass die Staatsanwaltschaft nach dem 25. August 2024 gegen Freisprüche wegen der in Artikel 550 Absätze 1 und 2 der Strafprozessordnung aufgeführten Straftaten Kassation einlegen kann, und dabei alle in Artikel 606 StPO vorgesehenen Gründe anführen kann. Das bedeutet, dass der Staatsanwalt nicht mehr auf rein verfahrensrechtliche Beanstandungen oder offensichtlich unlogische Begründungsmängel beschränkt ist, sondern jede Art von Gesetzesverstoß geltend machen kann, einschließlich der fehlerhaften Anwendung des Strafrechts oder der Nichteinhaltung von Verfahrensvorschriften, die mit Nichtigkeit, Unbrauchbarkeit, Unzulässigkeit oder Verfall bedroht sind.

Die Straftaten gemäß Art. 550 StPO, für die eine direkte Vorladung zum Gericht vorgesehen ist, umfassen eine breite Palette von Tatbeständen, darunter:

  • Private Gewalt (Art. 610 StGB)
  • Schwere Drohung (Art. 612 Abs. 2 StGB)
  • Leichte und schwere Körperverletzung (Art. 582, 583 StGB)
  • Erschwerter Diebstahl (Art. 625 StGB)
  • Betrug (Art. 640 StGB)
  • Straftaten gegen die öffentliche Verwaltung (z. B. Unterschlagung, Erpressung, Korruption, wenn von geringer Schwere)

Die Öffnung für alle Gründe gemäß Art. 606 StPO stellt eine erhebliche Stärkung der Position der Staatsanwaltschaft dar, die nun über umfassendere Instrumente verfügt, um Entscheidungen über Freisprüche anzufechten, die sie für ungerecht oder rechtlich fehlerhaft hält.

Praktische Auswirkungen und offene Fragen

Die Entscheidung des Kassationsgerichtshofs, die das Urteil des Gerichts von Benevento vom 11.11.2024 im Fall gegen C. V. unter Aufhebung und Zurückverweisung aufhebt, wird konkrete Auswirkungen auf das Justizsystem haben. Verteidiger müssen bei der Abfassung der Begründungen von Freisprüchen größere Sorgfalt walten lassen, da sie wissen, dass die Staatsanwaltschaft ein breiteres Anfechtungsfenster hat. Gleichzeitig könnte die Entscheidung zu einem Anstieg der Kassationsbeschwerden durch die Staatsanwaltschaft führen, mit möglichen Auswirkungen auf die Verfahrensdauer und die Arbeitsbelastung des Obersten Gerichtshofs.

Es ist wichtig zu betonen, dass das Urteil für Entscheidungen gilt, die nach dem 25. August 2024 ergangen sind. Dieses zeitliche Kriterium ist entscheidend für die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der neuen Regelung.

Schlussfolgerungen

Das Urteil Nr. 174493 von 2025 des Obersten Kassationsgerichtshofs steht im Einklang mit dem Gesetz Nr. 114 von 2024 und markiert einen Wendepunkt im italienischen Strafprozessrecht. Die Ausweitung der Anfechtungsbefugnisse der Staatsanwaltschaft, die nun Kassation gegen Freisprüche wegen der in Art. 550 StPO genannten Straftaten einlegen und dabei alle in Art. 606 StPO vorgesehenen Gründe geltend machen kann, verändert die Verteidigungsstrategien und den Gesamtansatz des Verfahrens grundlegend. Diese Entwicklung erfordert von allen juristischen Akteuren – Anwälten, Staatsanwälten und Richtern – ständige Aktualisierung und ein tiefes Verständnis der neuen Dynamiken, um den Schutz der Rechte und die Effizienz der Justiz zu gewährleisten.

Anwaltskanzlei Bianucci