Das jüngste Urteil Nr. 51159 vom 12. Oktober 2023 des Obersten Kassationsgerichtshofs (Corte di Cassazione) liefert wichtige Einblicke in das Thema des Notstands im Strafrecht. Diese Entscheidung klärt die Voraussetzungen, unter denen ein Verhalten angesichts einer gegenwärtigen Gefahr eines schweren Schadens für die Person als gerechtfertigt angesehen werden kann. Das Urteil betraf den Fall einer Person, die aufgrund von Navigationsschwierigkeiten einen Kompass zur Orientierung benutzte, während sie irreguläre Einwanderer transportierte, und das Gericht schloss die Anwendbarkeit des Rechtfertigungsgrundes aus.
Das italienische Strafgesetzbuch regelt in Artikel 54 das Konzept des Notstands und definiert die Umstände, unter denen eine Person ihr strafrechtlich relevantes Verhalten rechtfertigen kann. Der Grundsatz ist, dass das Eingreifen notwendig sein muss, um einen schweren Schaden zu vermeiden, der nicht vom Handelnden selbst verursacht worden sein darf. Das vorliegende Urteil hebt die Bedeutung der Putativität und der für die Inanspruchnahme dieses Rechtfertigungsgrundes erforderlichen Bedingungen hervor.
PUTATIVITÄT – Notstand – Voraussetzungen – Gefahr eines schweren Schadens für die Person, der nicht vom Handelnden verursacht wurde – Relevanz – Sachverhalt. Im Hinblick auf den Notstand darf die gegenwärtige Gefahr eines schweren Schadens für die Person, die nicht anders abwendbar ist, nicht vom Handelnden, der die Notmaßnahme ergreift, vorsätzlich oder fahrlässig verursacht worden sein und muss zudem unabhängig von seinem Willen sein. (Sachverhalt, in dem das Gericht die Anwendbarkeit des Rechtfertigungsgrundes für eine Person ausschloss, die aufgrund von eingetretenen Navigationsschwierigkeiten den Kompass an Bord eines Bootes benutzte, das irreguläre Einwanderer transportierte, da die Vereinbarung über die Verwendung des Instruments zum Zeitpunkt der Abfahrt des Bootes getroffen worden war).
Das Gericht betonte, dass es für die Berufung auf den Notstand als Rechtfertigungsgrund unerlässlich ist, dass die Gefahr nicht aus einem vorsätzlichen oder fahrlässigen Verhalten resultiert. Das bedeutet, dass sich die Person in einer Notsituation befinden muss, die nicht von ihr selbst provoziert wurde. Im vorliegenden Fall schließt die Tatsache, dass der Angeklagte die Verwendung des Kompasses erst zum Zeitpunkt der Abfahrt akzeptierte, die Möglichkeit aus, sich auf den Rechtfertigungsgrund zu berufen, da die Notlage bereits bestand.
Das Urteil Nr. 51159 von 2023 stellt eine wichtige Reflexion über die Bedingungen des Notstands in unserem Rechtssystem dar. Es klärt, dass es für die Berufung auf diesen Rechtfertigungsgrund entscheidend ist, dass die Gefahr gegenwärtig, schwerwiegend und nicht vom Handelnden selbst verursacht ist. Diese Entscheidung beleuchtet nicht nur den spezifischen Fall, sondern bietet auch nützliche Hinweise zum besseren Verständnis der rechtlichen Dynamiken, die Notsituationen im Strafrecht regeln. Die Analyse dieses Urteils ist für Juristen und alle, die ihr Wissen über Rechtfertigungsgründe vertiefen möchten, von grundlegender Bedeutung.