Das Urteil Nr. 6386 vom 3. März 2023 des Obersten Kassationsgerichtshofs (Corte di Cassazione) reiht sich in einen komplexen rechtlichen Kontext bezüglich der Berufshaftung im Gesundheitswesen ein. In diesem Fall gab das Gericht der Berufung von A.A. und anderen statt, die den Tod ihrer Angehörigen F.F. angeprangert hatten und diesen auf Fahrlässigkeit des medizinischen Personals der Fondazione Monte Tabor zurückführten. Die Entscheidung des Gerichts liefert interessante Einblicke in den Kausalzusammenhang und die Beweislast in solchen Streitigkeiten.
Der Fall ergibt sich aus dem Tod von F.F., die sich einer Augenoperation im San Raffaele unterzog. Nach einem versehentlichen Sturz entwickelte sie eine nosokomiale Infektion mit Staphylococcus aureus. Trotz eindeutiger Beweise für Fahrlässigkeit hatten das Gericht von Mailand und anschließend das Berufungsgericht den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des medizinischen Personals und dem Tod der Patientin ausgeschlossen und die von den Familienangehörigen vorgelegten Beweise als unzureichend erachtet. Der Oberste Kassationsgerichtshof hat diese Bewertung jedoch aufgehoben.
Der Oberste Kassationsgerichtshof betont, dass der Kausalzusammenhang auf der Grundlage logischer Wahrscheinlichkeit und nicht auf absoluter Gewissheit bewertet werden muss.
Das Gericht stellte fest, dass im Falle einer medizinischen Haftung die Kläger die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen der Nichterfüllung der Pflichten der Gesundheitseinrichtung und dem erlittenen Schaden tragen. Das Gericht stellte jedoch auch klar, dass dieser Beweis nicht in Bezug auf Gewissheit, sondern vielmehr nach einem Wahrscheinlichkeitskriterium erbracht werden muss. Dieser Punkt ist entscheidend, da es im Gesundheitswesen oft schwierig ist, mit Sicherheit nachzuweisen, dass ein anderes Verhalten des medizinischen Personals den Tod des Patienten hätte verhindern können.
Ein weiterer relevanter Aspekt des Urteils betrifft die Beweislast in Bezug auf die außervertragliche Haftung. Das Gericht stellte klar, dass der Patient zwar möglicherweise nicht in der Lage ist, alle notwendigen Beweise vorzulegen, die Gesundheitseinrichtung jedoch verpflichtet ist, nachzuweisen, dass sie die Sorgfaltspflichten eingehalten hat. Andernfalls kann die Haftung auch bei einer während des Krankenhausaufenthalts erworbenen nosokomialen Infektion zugewiesen werden.
Das Urteil Nr. 6386 von 2023 des Obersten Kassationsgerichtshofs stellt einen wichtigen Fortschritt in der Rechtsprechung zur medizinischen Haftung dar. Es unterstreicht die Notwendigkeit, die Wahrscheinlichkeit als grundlegendes Kriterium für die Feststellung des Kausalzusammenhangs und der Beweislast der Gesundheitseinrichtung zu berücksichtigen. Darüber hinaus könnte diese Entscheidung erhebliche Auswirkungen auf zukünftige Fälle von Berufshaftung haben, indem sie die Bedeutung der Gewährleistung hoher Standards für Pflege und Sicherheit in Krankenhäusern hervorhebt.