Jugendbewährung: Kassationsgerichtshof und Autonomie des Verfahrens (Urteil Nr. 20150/2025)

Die jugendstrafrechtliche Justiz zeichnet sich durch ihre tiefe Aufmerksamkeit für die Wiedereingliederung und soziale Reintegration von Minderjährigen aus. Eine Säule dieses Systems ist die Bewährung, eine Einrichtung, die jungen Menschen die Möglichkeit eines alternativen Bildungsweges zum traditionellen Verfahren bietet. Das jüngste Urteil des Obersten Kassationsgerichtshofs Nr. 20150, hinterlegt am 29. Mai 2025, bringt eine grundlegende Klarstellung zu den Widerrufsverfahren dieser Maßnahme, indem es die Autonomie des jugendgerichtlichen Verfahrens und seine Besonderheiten im Vergleich zum ordentlichen Verfahren nachdrücklich bekräftigt.

Die Bewährung: Ein Erziehungsinstrument

Geregelt in den Art. 28 und 29 des D.P.R. vom 22. September 1988, Nr. 448 (Jugendstrafprozessordnung), ist die Bewährung keine bloße Aussetzung, sondern ein individualisierter Bildungsplan. Der dem Jugendamt anvertraute Minderjährige folgt einem Programm, das Studium, Arbeit oder ehrenamtliche Tätigkeit umfassen kann, mit dem Ziel, ihn zur Verantwortung zu ziehen. Ein positives Ergebnis führt zur Tilgung der Straftat, vermeidet die Folgen einer Verurteilung und fördert die Wiedereingliederung. Dieser erzieherische Zweck erfordert einen flexiblen und gezielten Verfahrensansatz, der sich von dem für Erwachsene unterscheidet.

Die Entscheidung des Kassationsgerichtshofs: Das Prinzip der Subsidiariät

Das Urteil Nr. 20150 vom 16. April 2025 befasst sich mit der Anwendbarkeit von Art. 464-octies c.p.p. (Widerruf der Bewährung für Erwachsene) und der Notwendigkeit einer Anhörung gemäß Art. 127 c.p.p. für den Widerruf der jugendgerichtlichen Bewährung. Der Gerichtshof gab eine klare Antwort:

Im Bereich des jugendgerichtlichen Verfahrens ist nach dem Grundsatz der Subsidiariät der Bestimmungen des ordentlichen Verfahrens die Bestimmung des Art. 464-octies cod. proc. pen., die den Widerruf des Beschlusses über die Aussetzung des Verfahrens mit Bewährung „für Erwachsene“ regelt, nicht anwendbar, da dieselbe Einrichtung eine autonome und andere Regelung in den Art. 28 und 29 d.P.R. vom 22. September 1988, Nr. 448 findet. (Sachverhalt, in dem der Gerichtshof ausgeschlossen hat, dass im Verfahren gegen Minderjährige der Widerruf des Beschlusses über die Aussetzung mit Bewährung der Festsetzung einer Anhörung gemäß Art. 127 cod. proc. pen. vorausgehen muss).

Der Kassationsgerichtshof schloss die Anwendung von Art. 464-octies c.p.p. und die Verpflichtung zur Anhörung gemäß Art. 127 c.p.p. auf das jugendgerichtliche Verfahren aus. Diese Entscheidung beruht auf dem Grundsatz der Subsidiariät: Die Normen des ordentlichen Verfahrens gelten nur in Abwesenheit einer spezifischen Regelung. Da das D.P.R. 448/1988 die jugendgerichtliche Bewährung autonom regelt, sind die Verfahren für Erwachsene nicht relevant. Der Gerichtshof bekräftigte somit die Besonderheit des jugendgerichtlichen Verfahrenssystems, das im Einklang mit seinen erzieherischen und schützenden Zielen ausgelegt werden muss, um Schnelligkeit und Flexibilität bei Entscheidungen zu gewährleisten.

Praktische Auswirkungen für Juristen

Diese Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen für alle im Bereich des Jugendstrafrechts tätigen Juristen und bestätigt, dass:

  • Die jugendgerichtliche Bewährung autonome Widerrufsverfahren hat.
  • Art. 464-octies c.p.p. für den Widerruf nicht anwendbar ist.
  • Vor dem Widerruf keine Anhörung gemäß Art. 127 c.p.p. erforderlich ist.

Diese Autonomie gewährleistet eine größere Effizienz und Spezifität des Verfahrens und ermöglicht schnellere Entscheidungen, die auf die erzieherischen Bedürfnisse des Minderjährigen zugeschnitten sind. Die Bewertung des Widerrufs basiert auf dem Verlauf des Programms und erfordert Schnelligkeit, ohne die Formalitäten, die den Eingriff verzögern könnten. Das jugendgerichtliche System ist von Natur aus flexibel und stellt das „höchste Interesse des Kindes“ in den Mittelpunkt, im Einklang mit der UN-Kinderrechtskonvention. Das Urteil stärkt die Idee eines jugendstrafrechtlichen Systems als eigenständiges System.

Schlussfolgerungen: Ein maßgeschneidertes Strafrecht

Das Urteil Nr. 20150/2025 des Obersten Kassationsgerichtshofs ist ein wichtiger Bezugspunkt in der jugendgerichtlichen Rechtsprechung. Es bestätigt den spezifischen und autonomen Ansatz für Minderjährige, die in Strafverfahren involviert sind, insbesondere im Hinblick auf die Bewährung. Der Ausschluss von Normen des ordentlichen Verfahrens für den Widerruf bekräftigt den Willen, Minderjährige durch schnelle, flexible und auf Erziehung ausgerichtete Verfahren zu schützen. Dies respektiert nicht nur das Entwicklungsalter, sondern macht das Justizsystem effektiver bei der Förderung der Wiedereingliederung und sozialen Reintegration junger Menschen.

Anwaltskanzlei Bianucci