Einspruch gegen den Strafbefehl und Darlegungslast nach BGH Nr. 12842/2025

Mit der Entscheidung Nr. 12842 vom 3. April 2025 befasst sich der Oberste Kassationsgerichtshof erneut mit Art. 175 Abs. 2 der Strafprozessordnung (c.p.p.) in Bezug auf die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Einlegung eines Einspruchs gegen den Strafbefehl. Der Fall entstand aus einem Strafbefehl, der wegen vollzogener Zustellung gegen S. J. erlassen wurde. Dieser beantragte nach Ablauf der gesetzlichen Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, ohne die Gründe für die fehlende tatsächliche Kenntnis der Zustellung darzulegen. Der Ermittlungsrichter von Vicenza erklärte den Antrag für unzulässig; eine Entscheidung, die nun vom Kassationsgerichtshof bestätigt wurde.

Der Kern der Entscheidung

In Bezug auf die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Einlegung eines Einspruchs gegen einen Strafbefehl kann die Justizbehörde den Antrag zu Recht ablehnen, ohne weitere Prüfungen vorzunehmen, wenn der Antragsteller seiner Darlegungslast bezüglich der Gründe für die fehlende tatsächliche Kenntnis des ordnungsgemäß zugestellten Bescheids nicht nachkommt.

Die Leitsatzformulierung hebt zwei Schlüsselpunkte hervor: die Darlegungslast des Angeklagten und die Möglichkeit für das Gericht, den Antrag de plano abzulehnen, wenn diese Last nicht erfüllt ist. Es bedarf also keiner amtswegigen Prüfung der tatsächlichen Kenntnis des Bescheids, wenn der Antragsteller schweigt.

Der rechtliche Rahmen: Art. 175 und Art. 462 c.p.p.

Art. 175 Abs. 2 sieht vor, dass Personen, die die Kenntnisnahme „durch Zufall, höhere Gewalt oder nicht verschuldete Unkenntnis“ versäumt haben, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen können. Allerdings gilt:

  • Der Antrag muss dokumentiert oder zumindest begründet sein;
  • die Beweislast für das Hindernis liegt beim Antragsteller;
  • das Gericht prüft ex actis, ohne eigene Ermittlungen einleiten zu müssen.

Die Kombination mit Art. 462 (der den Einspruch gegen den Strafbefehl regelt) verstärkt die Notwendigkeit der Beschleunigung: Die vorgerichtliche Phase duldet keine ungerechtfertigten Verzögerungen. Das Verfassungsgericht hat mit der Anordnung Nr. 30/2024 zudem die Rechtmäßigkeit der Regelung bestätigt, die dem Angeklagten die Beweislast für das Fehlen von Verschulden auferlegt.

Konforme Rechtsprechung und vergleichende Hinweise

Die Entscheidung fügt sich in eine konstante Rechtsprechungslinie (Cass. 22509/2018, 3882/2018, 12099/2019, 6900/2021) ein, die den deflatorischen Zweck des Strafbefehls hervorhebt. Im europäischen Kontext lässt die EMRK strenge Fristen zu, solange das Recht auf Verteidigung nicht beeinträchtigt wird: Die Entscheidung scheint daher mit Art. 6 EMRK im Einklang zu stehen, da dem Angeklagten die Möglichkeit erhalten bleibt, Gründe für die Nichtkenntnis geltend zu machen, sofern er diese rechtzeitig vorbringt.

Praktische Auswirkungen für Angeklagte und Verteidiger

Die Entscheidung bietet operative Anhaltspunkte:

  • Beim ersten Treffen muss der Verteidiger die Art und die Zustellungsdaten des Bescheids überprüfen;
  • der Antrag nach Art. 175 c.p.p. muss mit Dokumenten belegt werden (z. B. Krankenhausaufenthalt, Abwesenheit im Ausland, unfreiwillige Unauffindbarkeit);
  • etwaige Zustellungsmängel beeinträchtigen die Wirksamkeit der Zustellung selbst, aber wenn die Zustellung ordnungsgemäß ist, bleibt nur der Weg des „unverschuldeten“ Hinderungsgrundes.

In Abwesenheit dieser Elemente wird die Ablehnung nahezu automatisch erfolgen, was zur Rechtskraft des Bescheids und zur Eintragung ins Strafregister führt.

Schlussfolgerungen

Der Kassationsgerichtshof bekräftigt, dass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kein „automatisches“, sondern ein außerordentliches Rechtsmittel ist, das von einer präzisen Darlegungslast abhängt. Für Angeklagte und Fachleute bedeutet dies eine Verpflichtung zur Sorgfalt: Überwachung der Zustellungen, rechtzeitiges Handeln und präzise Begründung jeder Anfrage auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Nur so kann das Recht auf Verteidigung mit den Erfordernissen der Beschleunigung des Strafverfahrens in Einklang gebracht werden.

Anwaltskanzlei Bianucci